Social Gardening: Gemeinsam gärtnern und zusammenwachsen

Foto: <a href="http://www.startnext.de/gabriels-garten" target="_blank">Gabriels Garten</a>

Nadja Lobner gärtnert mit sozial ausgegrenzten Menschen (Foto: Gabriels Garten)

Ein kühler Wind fegt unter die Regenjacken, die Hände bleiben bis zuletzt tief in den Taschen. Es ist noch ein bisschen ungemütlich hier oben auf über 1000 Metern im österreichischen Rohrmoos-Obertal, der Frühling hat gerade erst Einzug gehalten. Nichts desto trotz machen sich die fünf Gärtner eifrig ans Werk, um den Boden für die anstehende Aussaat vorzubereiten.

Unter ihnen Nadja Lobner, die Initiatorin des jungen Projekts „Unbehindert wachsen“. Es ist kein normales Gartenkonzept mit ein bisschen Gemüse hier und Blümchen dort. „Ich möchte physisch und psychisch beeinträchtigten Menschen, die in der Behindertenwerkstatt der Diakonie Schladming betreut werden, zu positiven Erfahrungen in der Natur verhelfen“, erklärt die Erwachsenenpädagogin. „Jeder einzelne von ihnen übernimmt Verantwortung, wirkt als kreativer Gestalter und erntet mit dem Gemüse zugleich ein Stück Anerkennung.“ Als Therapie will Nadja ihren Einsatz aber nicht verstanden wissen. „Was zählt ist das gemeinsame Handeln, die entstehende Gemeinschaft und der freundschaftliche Umgang miteinander.“

Deshalb sollen auch andere Menschen mitmachen, etwa Migranten, die soziale Ausgrenzung ebenfalls kennengelernt haben. Oder einfach Bürger, die sich dafür interessieren, wie Menschen früher auf den Steilhängen der Alpenregion gewirtschaftet haben. Darum geht´s nämlich auch: Alte Sorten anzubauen und auszuprobieren, was hier oben überhaupt wächst.

Der Garten als Klassenzimmer

(Foto: <a href="http://www.startnext.de/gabriels-garten" target="_blank">Gabriels Garten</a>)

Das zweite Projekt findet im Stadtteilgarten Itzling ohne Voranmeldung statt (Foto: Gabriels Garten)

Gemeinsam Spaß beim Gärtnern haben – das ist ein Motto, dem sich auch die Transition Bewegung verschrieben hat. Tatsächlich hat Nadja das Transition Modell während ihrer wissenschaftlichen Arbeit an der Universität Salzburg kennengelernt. „Man muss die veränderten ökologischen Bedingungen zur Kenntnis nehmen, alles andere ist unrealistisch“, findet die promovierte Politologin. „Nach Salzburg strömen immer mehr Klimaflüchtlinge, etwa aus Rumänien, wo inzwischen 50 Prozent des Waldes abgeholzt wurden. Die Gewinne fließen nach Österreich, aber die arbeitslosen Menschen genauso.“ Mit diesen Migranten und anderen Flüchtlingen aus Krisengebieten hat sie sich beschäftigt, herausgefunden, dass das Trauma der Flucht, der Verfolgung, Vertreibung und Diskriminierung gravierende Folgen nach sich zieht, die in psychische Erkrankungen münden können.

Das zweite Projekt der umtriebigen jungen Frau „Deutsch begreifen – Der Garten als Klassenzimmer“ setzt an diesem Punkt an. Auf einer Parzelle im Stadtteilgarten Itzling in Salzburg legt sie gemeinsam mit Asylbewerbern einen Garten an. „Hier gelingt etwas und gedeiht, der Erfolg wird sichtbar – diese Erfahrung fördert die Resilienz, stärkt also, auf gut Deutsch, die Abwehrkräfte.“ Das Prinzip überträgt Nadja auf das Bemühen, deutsch zu lernen: Beim Werkeln üben die Kursteilnehmer die fremde Sprache und freuen sich über ihre Fortschritte. Das nötige Expertenwissen eignet Nadja sich über diverse Praktika (zum Beispiel in der Gartentherapie) und Fortbildungen in der Umweltpädagogik an, dazu gehören auch Naturcoaching und Achtsamkeitstraining.

 

Das Social Gardening Start-up

(Foto: greenplaner)

Das Projekt auf der Crowdfunding-Plattform startnext.de (Foto: greenplaner)

Sich selbständig zu machen mit zwei solchen Projekten ist nicht einfach. „Auf bürokratischer Ebene ist es ein sehr langer, anstrengender Prozess“, erzählt Nadja. Alles hängt davon ab, an welche Verwaltungsbeamten man gerät, ob sie Verständnis haben oder nicht. Nach vielen Behördengängen hat die junge Starterin endlich die Aufnahme ins Gründerprogramm des AMS in der Tasche. Nun geht die Arbeit erst richtig los: Persönlich stellt sie sich bei Firmen, Krankenhäusern und NGOs vor und lädt sie ein sich zu beteiligen. Auf startnext.de hat sie ein Crowdfunding-Projekt für „Unbehindert wachsen“ angelegt, der „Garten als Klassenzimmer“ soll folgen. „Gabriels Garten“ ist die Dachmarke für ihre Projekte und soll später einmal der Firmenname werden. Aber noch sieht es mau aus mit den Fans – und erst wenn sie die beisammen hat, geht es an die Finanzierung. Selbst dann ist nicht gewährleistet, dass die benötigten 10.000 Euro beisammen kommen. Bis sie von ihrem Engagement einmal leben können wird, ist es also noch ein weiter Weg.

 

„Um die Idee zu realisieren, muss ich Politik machen.“

(Foto: <a href="http://www.startnext.de/gabriels-garten" target="_blank">Gabriels Garten</a>)

Nadja Lobner startet durch (Foto: Gabriels Garten)

Vernetzung ist das A und O, wissen aktive Transitioner. Unterstützer für solche Projekte findet man nicht nur übers Klinkenputzen – sondern vor allem, indem man die richtigen Leute zusammen an einen Tisch holt. Und das hat Nadja vor, beim Kulturfrühstück, an dem Leute aus Kunst, Bildung, Politik und Sozialem teilnehmen. Genau das richtige, um ihr Konzept vorzustellen. Also raus aus den Gummistiefeln und rein in den schicken Hosenanzug.

Ich wünsche Dir viel Erfolg und danke für das Interview!

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